Description
Die mit Jagdszenen verzierte Messingkanne von Budakalász ist ein herausragendes Zeugnis der spätantiken und frühbyzantinischen Kunst- und Kulturgeschichte. Ihre künstlerische Ausführung (Form, Technologie, Ornamentik), ihre streng den hellenistischen ikonographischen Traditionen folgenden Szenen weisen auf eine zentrale Werkstätte in Konstantinopel oder in Syrien hin. Die Darstellung der Jagd war in spätrömischer Zeit ein Mittel der gesellschaftlichen Repräsentation der Aristokratie. In der Spätantike konnte die Jagddarstellung auch auf die antike Mythologie als Zeichen der Weitertradierung des klassischen Kultur- und Bildungsgut hinweisen, weil klassische Bildung ein wichtiges Element der Identität der Aristokratie war. Die Jagd wurde in den Wohn- und öffentlichen Gebäuden zum Symbol des aristokratischen „Wohllebens“. Mit der Jagd ließen sich die traditionellen Männertugenden (andreia, virtus) verbinden. Die Jagdszenen sind in der antiken Kunst Symbole des Sieges, sie symbolisieren die Tugenden und die Kräfte der Natur, den Sieg über das Böse bzw. den Tod. Die Person des Jägers war geeignet, den siegreichen Herrn, den siegenden Menschen zu vergegenwärtigen, und in diesem Sinne vermittelte die Jagddarstellung eine positive Botschaft, sie wurde zum glückbringenden und apotropäischen Symbol. Der Jäger ist also keine gewöhnliche Person, sondern ein Held, ein heros. Aus dem Beispiel des erfolgreichen Jägers konnte jeder Betrachter Kraft schöpfen. Deswegen wurde die Jagd nicht nur in der Umgebung der Vornehmen, sondern auch der breiteren Gesellschaftsschichten, auf ihren persönlichen Gegenständen zu einem beliebten Thema.
„Was für eine verteufelte Beschäftigung ist eigentlich die Jagd?“
„Die glückhafte Beschäftigung, die der normale Mensch am meisten geschät hat, ist die Jagd. Nachdem sie ihren Charakter als Lebensnotwendigkeit verloren hat (schon in der jüngeren Steinzeit), wirddie Jagd zum Sport erhoben. Durch den Hinweis, dass der Jagdsport fast allgemein den Charakter eines Vorrechts gehabt hat, wird oenbar, wie sehr die Jagd nicht nur Spaß ist, sondern eine zwar vielleicht seltsame, aber doch tief und dauernd im Wesen des Menschen begründete Begierde. Sport ist die Anstrengung, die aus Freude an ihr selbst geleistet wird, und nicht um des Ergebnisses willen, das diese Anstrengung erzielt. Bei der Jagd aus Nülichkeitsgründen ist das wahre Ziel des Jägers der Tod des Tieres. Alles Übrige ist reines Miel, um dieses Ziel zu erreichen. Den Sportjäger interessiert primär
nicht der Tod des Tieres. Was ihn interessiert ist alles, was er zuvor unternehmen muss, um ihn zureichen – und das ist eben: jagen! Man jagt nicht, um zu töten, sondern umgekehrt, man tötet, um gejagt zu haben.”„Die Jagd hört dort auf, Jagd zu sein, wo der Mensch seiner ungeheuren technischen, also rationalen Überlegenheit über das Tier seinen freien Lauf lässt.”
„Jagd ist das, was ein Tier ausübt, um sich eines anderen, lebendig oder tot, zu bemächtigen, das einer Gaung angehört, die der eigenen vital unterlegen ist. Umgekehrt darf die Überlegenheit des Jägersüber das Wild nicht absolut sein, wenn Jagd möglich sein soll. Damit nun wirklich dieses bestimmteEreignis zustande kommt, das wir Jagd nennen, muss das begehrte Tier seine Chance haben, muss es grundsälich auch entwischen können; das heißt, es muss über Miel von einiger Wirksamkeit verfügen, um der Verfolgung u entgehen, denn die Jagd ist genau betrachtet die Reihe von Bemühungen und Geschicklichkeiten, die der Jäger aufwenden muss, um mit ausreichender Häugkeit über die Gegenwirkungen des gejagten Tieres Herr zu werden. Wenn es dies nicht gäbe, wenn die Unterlegenheitdes Tieres absolut wäre, so häen die jagdlichen Fähigkeiten keine Gelegenheit, sich zu entwickeln, oder, was dasselbe ist, das eigentliche Faktum der Jagd existierte überhaupt nicht.”
„Es ist für die Jagd nicht wesentlich, dass sie erfolgreich ist. Im Gegenteil, wenn die Anstrengungendes Jägers immer und unfehlbar von Erfolg gekrönt wären, dann wäre es keine jagdliche Anstrengung,sondern etwas anderes. Der Möglichkeit oder Chance auf Seiten des Wildes, dem Jäger zu entkommen,entspricht auf Seiten des Jagenden die Möglichkeit, ohne Beute heimzukommen. In der Jagd als Sportist also ein ganz freier Verzicht des Menschen auf die Überlegenheit seines Menschtums enthalten. In Wirklichkeit ist die Jagd der Westreit oder das Aufeinandertreen zweier Systeme von Instinkten. Dazu ist es notwendig, dass diese Instinkte – nicht nur des Jägers, sondern auch der Beute – frei funk-tionieren.”
„Zum guten Jäger gehört eine Unruhe im Gewissen angesichts des Todes, den er den bezaubernden
Tieren bringt.”
(Jose Ortega y Gasset:
Meditationen über die Jagd,
Gustav Klipper Verlag, Stugart 1953.